Wesen

Das Wesen des Saarlooswolfhond

Ein Saarloos ist anders, anders als alle anderen Hunde mit denen ich je zu tun hatte.
Ein Saarloos ist intensiver in einfach allem.
Wenn ein Saarloos sich freut, dann überrennt er einen damit,
wenn er Angst oder Panik hat, dann vergisst er zum Teil alles um sich herum und will nur weg, wenn er dich liebt, dann so intensiv, dass alleine sein Blick reicht dich schmelzen zu lassen und wenn er Blödsinn macht dann richtig!
Wenn der Saarloos bei dir ist, dann ist er nicht nur an deiner Seite, sondern am liebsten auf, über, unter und wenn es gehen würde in dir.

Man hört viel über die Wolfhunde. Vieles ist wahr, anderes aber auch etwas übertrieben.
Wichtig ist, dass man sich allem bewusst wird, was passieren kann.
Schauen wir uns also mal einige der Gerüchte und Aussagen über Wolfhunde an.

Manche Saarloos können oder wollen nicht alleine bleiben
Côlwen bleibt alleine. Aber bis ich mich getraut habe das auszuprobieren hat es über ein Jahr gedauert. Jetzt bleibt sie auch mal bis zu 5 Stunden alleine ohne etwas anzustellen außer "Nasen" an der Fensterscheibe zu hinterlassen, denn das ist der Aussichtspunkt an dem immer wieder kontrolliert werden muss ob wir Heim kommen.
Es gibt aber definitiv auch Wolfhunde die eben NICHT alleine bleiben wollen, denn dann sind sie vom Rudel getrennt und das Rudel ist ihr Leben, ihre Sicherheit. Und wenn ein Wolfhund zu seinem Rudel möchte, kann er ziemlich kreativ sein bei dem Versuch auszubrechen oder seinen Frust abzulassen, z.B. indem er kreativ das Haus und die Möbel umdesignt. Da wird schon mal der Sicherheitsgurt oder der Sitz im Auto zerkaut, das Sofa bearbeitet oder wie bei Côlwen ein Daunenkissen im Kofferraum meines Auto zum explodieren gebracht.
Wer sich also einen Saarloos zu sich holen möchte, arbeiten gehen muss und den Hund nicht mitnehmen kann, sollte immer ein Plan B in der Tasche haben, falls der Hund eben nicht alleine bleibt.

Manche Saarloos Wolfhunde sind extrem scheu bis sogar panisch
Auch hier haben wir wieder Glück mit Côlwen.
Sie ist für einen Saarloos recht offen und hat, bis auf ein paar Schreckmomente, so gut wie keine Panik Attacken.
Natürlich schaut sie sich die Menschen, die ihr entgegen kommen oder etwas von ihr wollen sehr genau an und wenn ihr etwas nicht passt, dann ist Anfassen unmöglich. Allerdings taut sie auch recht schnell auf, wenn man ihr Zeit und Raum gibt.
Wir lagen nie wegen ihr im Straßengraben nur weil ein Fahrradfahrer entgegen kam und wir haben nur sehr selten die Situation, dass wir irgendwo nicht mit ihr hin können weil sie sich weigert einen Raum oder ähnliches zu betreten.
Allerdings habe ich schon durchaus ziemlich scheue Saarloos erlebt, die selbst nach 2 Wochen intensivem Kontakt rund um die Uhr nicht in meine Nähe kamen, die sich vor lauter Panik nur weil ich ihre Leine in der Hand hielt beinahe umgebracht hätten oder die einfach nicht dazu zu bewegen waren einen Raum zu betreten.
Auch hier sollte man sich auf das schlimmst mögliche Szenario einstellen, dann ist die Freude nur umso größer wenn der Hund offen ist.

Manche Saarloos können nicht Auto fahren
...und das liegt nicht unbedingt nur am fehlenden Führerschein.
Vielen Saarloos wird beim Auto fahren einfach schlecht. Manche speicheln nur, andere übergeben sich oder verlieren sogar Kot und oder Urin.
Auch hier haben wir wieder Glück mit Côlwen. Sie fährt gut wenn auch nicht unbedingt gerne mit und hat bisher noch nie gebrochen oder gespeichelt. Allerdings fahren wir auch viel mit ihr und "üben" das Auto fahren quasi täglich.

Man kann einen Saarloos nicht erziehen und nicht "hart" anpacken
Stimmt!      ...zum Teil
Das bedeutet aber nicht, dass man nur mit Wattebäuschchen werfen darf.
Ich persönlich war durch die ganzen Gerüchte und Aussagen im Internet extrem verstört. Man dürfe einen Saarloos nicht anschreien oder deutlich korrigieren...
Côlwen war ein heftiger Welpe und anfangs fast nicht kontrollierbar und in einer solchen Situation mit Wattebäuschen zu werfen hilft niemandem.
Natürlich kann und darf man einen Hund nicht schlagen oder ähnliches. Das gilt aber für alle Hunde, nicht nur für einen Saarloos.
Aber auch einen Saarloos Wolfhund kann man erziehen und man kann auch einen Saarloos korrigieren.
Hätte ich nicht irgendwann meine Scheu vor dem "hyperseniblen" Wesen des Saarloos verloren, würde Côlwen mir noch heute auf der Nase herum tanzen.
Allerdings sollte man sein "Erziehung" immer im Rahmen halten, denn der Saarloos kann durchaus anders reagieren als man es erwartet.
Wenn Côlwen im Garten war und ich wollte dass sie ins Haus kommt war es der größte Fehler zu schreien, zu toben oder gar aus der Haut zu fahren, nur weil sie mich ignorierte oder vor mir weglief, weil der Garten ja so viel schöner war. Denn dann hat die junge Dame beschlossen, dass es draußen viel friedlicher sei und sie AUF GAR KEINEN FALL ins Haus kommen würde. 
Da half nur Ruhe bewahren, tief durchatmen und mit Engelszungen das kleine "Biest" zu überreden doch BITTE BITTE zu einem zu kommen.
Auch habe ich gelernt, dass die Wörter BITTE und DANKE beim Saarloos teilweise bedeutend besser funktionieren als ein hart gebrüllter Befehl.

Fakt ist auf jeden Fall, dass ich alles, wirklich alles, was ich in meinen 38 bis dahin erlebten Jahren mit Hunden gelernt hatte über Bord werfen und vollkommen von vorne beginnen durfte, denn ein Saarloos ist einfach ANDERS!
Aber zur Beruhigung: 
Côlwen hat sich in der Zwischenzeit mit etwas über zwei Jahren zu einem super Hund entwickelt und wir wohl zu annehmbaren Wolfhundbesitzern.
Sie folgt in den meisten Fällen recht gut und arbeitet sogar auf dem Hundeplatz bei der Unterordnung gut mit. Nur der gerne benutzte Befehlston fehlt bei uns einfach. Stattdessen würde ich am liebsten über den Platz säusslen: "Würdest du bitte zu mir kommen!?", denn das funktioniert am Besten, ist aber wohl irgendwie nicht gerne gesehen und bei einer Prüfung wohl auch nicht erlaubt, denn man darf wohl nur ein Wort benutzen...

Der Saarloos Wolfhund und der Jagdtrieb
Das dürfte eines der wenigen Saarloos typischen Proleme sein, die Côlwen voll mitbekommen hat, wobei ich mir nicht einmal sicher bin ob sie töten würde oder "nur" hinterher rennt. Aber mal ehrlich; ich will es nicht ausprobieren und später meinem Nachbarn erklären müssen, dass mein Hund seine Katze getötet hat. Ebenso wenig möchte ich irgendein Wildtier tot gehetzte, meinen Hund vom Jäger erschossen oder einen von beiden vor einem Auto wiederfinden. Also hilft hier nur ständiges, regelmäßiges und konsequentes Training. 
Côlwen kam mit 91/2 Wochen zu uns und mit etwa 10 Wochen fing sie ihre erste Maus und hat sie natürlich gleich am Stück geschluckt.
In der Zwischenzeit machen wir große Fortschritte was das Anti-Jagd-Training betrifft und darüber bin sich sehr dankbar, denn ein Leben nur an der Leine kann ich mir für meinen Hund einfach nicht vorstellen.

Einen Wolfhund kann man nie von der Leine lassen
Stimmt absolut nicht.
Natürlich ist ein gewisser Grundgehorsam wie der funktionierende Abruf dabei wichtig, aber Côlwen läuft sehr viel und sehr oft frei. In der Zwischenzeit gehen wir sogar meist ohne Leine durch den Wald, weil wir an ihrem Jagdverhalten arbeiten.
Sogar unterwegs, auf Feiern, im Restaurant, bei Vorträgen oder Seminaren ist Côlwen sehr oft ohne Leine. Sie bleibt entweder immer bei einem von uns oder sucht sich ein sicheres Plätzchen in irgendeiner "Höhle" also unter einer Eckbank, einem Tisch oder ähnliches. Ich muss nicht einmal nach ihr schauen, denn hier ist das Gute an unserem Saarloos: Wo sollte sie denn auch hin? Sie bleibt bei ihrem Rudel, denn das Rudel gibt ihr Schutz und Sicherheit. Sie hat nicht einmal das Bedürfnis wegzulaufen, selbst wenn eine Tür nach draußen offen steht oder ein anderer Hund vorbei läuft.

Mit einem Saarloos Wolfhund braucht man einen mindestens 2 Meter hohen Zaun.
Dem hätte ich das erste halbe Jahr vollkommen zugestimmt, denn ich wusste immer schon wenn ich einen Nachbarn hektisch Richtung unserem Haus laufen sehen habe, dass Côlwen wieder einmal die Nachbarschaft erkunden oder einfach einer Katze oder einem Geruch nachgelaufen war. Denkbar ungünstig - oder auch praktisch - waren die wirklich gut gemeinten Einfangversuche der Nachbarn. Bis ich aus dem Haus kam war Côlwen meist schon wieder im Garten um sich vor den "bösen" Nachbarn zu verstecken.
In der Zwischenzeit können wir Côlwen zu jeder Tages- und Nachtzeit nach draußen lassen. Sie kommt auf Rufen meist sehr zügig ins Haus und ich würde behaupten, dass sie selbst ohne Zaun im Grundstück bleiben würde, Unser Zaun vor dem Haus ist gerade einmal 80cm hoch, so dass sie ihren Kopf bequem drüber strecken kann. und sie unternimmt keine Fluchtversuche mehr. Das Rudel ist ja immerhin im Grundstück. Selbst als vor ein paar Tagen eine Katze in unserem Garten war und sie von mir die Erlaubnis bekommen hatte, zum Schutz unseres Katers, sie vom Grundstück zu jagen, war der Zaun die absolute Grenze.

Mit einem Wolfhund kann man nur in außerhalb im Grünen und keinesfalls in der Stadt wohnen
Netter Gedanke, aber falsch.
Wir selbst wohnen in einer Stadt mit 21.000 Einwohnern. Nicht gerade eine Großstadt aber doch schon einige Menschen und das geht gut.
Unser Gassigebiet ist aber auch nicht die Stadtmitte sondern das umliegende Grünland.

worst case Saarloos Szenario

Nehmen wir einmal den schlimmsten Fall an:

- Ihr Hund kann nicht alleine bleiben und zerstört beim Versuch ihn  
   alleine zu lassen ihre Möbel
- Ihr Hund kann nicht im Auto mit fahren, Sie sind dadurch also sehr 
   eingeschränkt
- Ihr Saarloos ist sehr bis extrem scheu, Sie können also nicht überall 
   mit ihm hin, haben teilweise Stress beim Spazieren gehen und 
   werden - nicht zu vergessen  von den Menschen ihrer Umgebung 
   bestenfalls blöd angeschaut, schlimmstenfalls angefeindet
- Ihr Saarloos hat einen ausgeprägten Jagdsinn 
- Ihr Saarloos entpuppt sich als wahrer Ausbruchskünstler und haut 
   immer wieder mal ab (wobei ich das für eher unwahrscheinlich 
   halte) 
- Ihr Saarloos hat einen extrem starken Jagdtrieb und Sie können ihn 
   tatsächlich nur an der Schleppleine oder auf jeden Fall immer an 
   der Leine führen
Sicher ist diese List immer noch erweiterbar, aber ich denke das reicht schon.

Wenn Sie mit all diesen möglichen Gegebenheiten leben könnten und dennoch einen Saarloos in ihrem Leben willkommen heißen möchten, dann gratuliere ich Ihnen, denn dann haben Sie eine Wahl getroffen die ihr Leben bereichern wird.
Share by: